Ich suche eine mittelfränkische Tracht – wo muss ich hin?
Leider gibt es mittelfränkische Trachten nicht „von der Stange“ zu kaufen. Das liegt unter anderem daran, dass es „die“ mittelfränkische Tracht schlicht nicht gibt (siehe unten für mehr Info). Hier ist unsere Trachtenberatungsstelle aber genau der richtige Anlaufpunkt! Zusammen mit Ihnen sprechen wir verschiedene Punkte durch, z.B.:
Aus welcher Region Mittelfrankens kommen Sie?
Zu welchem Anlass möchten Sie eine Tracht?
Welche Punkte sollen speziell berücksichtigt werden?
Gibt es persönliche Vorlieben oder Abneigungen?
Wir suchen dann geeignetes historisches Bildmaterial für Sie heraus, sprechen über Stoffmuster und -qualität und klären weitere Fragen. Zusammen mit Ihnen entwerfen wir einen Vorschlag passend zu Ihrem Heimatort und Ihrer Herkunft, Ihren Präferenzen und Absichten. Aus unserer Schnittmusterkollektion können für bestimmte Teile der Tracht (z.B. Mieder) gleich passende Schnittmuster vor Ort erworben werden; andernfalls vermitteln wir Ihnen auch gerne einen Schneider bzw. eine Schneiderin mit Trachtenerfahrung, einen Nähkurs, oder anderweitige Optionen. So erhalten Sie eine auf sich abgestimmte, individuelle mittelfränkische Tracht. Unsere Beratungsgespräche sind für Sie kostenlos.
Die Trachtenforschungs- und -beratungsstelle selbst näht, verkauft oder verleiht keine Trachten.
Tracht vs. Mode? Tracht und Mode?
Tracht ist immer eine Momentaufnahme aus einem bestimmten Zeitraum in der Geschichte. Demzufolge ist sie niemals gleich. Sie ist nicht statisch und unveränderlich, sondern einem steten Wandel unterworfen. Von „der Tracht“ einer bestimmten Region als exklusivem Merkmal zu sprechen, ist zwar verlockend, entspricht aber meist nicht der Realität. So gibt es nicht „die“ (mittel)fränkische Tracht schlechthin, dafür aber verschiedene regionale Spielarten in Kombination mit jeweils zeitgenössischer Mode.
Kleidung wird immer erst durch den Blick von außen zur „Tracht“: Für einen auswärtigen Beobachter wird die – für ihn fremde – Kleidung einer bestimmten Gruppe zu deren definierendem Charakteristikum. Ob diese Gruppe immer so gekleidet ist oder nur zu bestimmten Anlässen, ob nur bestimmte Teile dieser Gruppe sich so kleiden, oder wie diese Kleidung innerhalb der Gruppe selbst empfunden wird (langweilig? umständlich? modern? traditionell?), erschließt sich dem Betrachter nicht durch bloßes Hinsehen. Ein gutes Beispiel finden wir außerhalb Frankens: der so „charakteristische“ rote Bollenhut ist lediglich in drei Dörfern im Schwarzwald heimisch gewesen, bevor ihn Tourismus und frühes Marketing zu dem Erkennungszeichen der Region schlechthin gemacht haben.
Darüber hinaus ist Kleidung auch immer ein sichtbares Zeichen ihrer jeweiligen Zeit. Sie ist Ausdruck für die politische und wirtschaftliche Situation sowie die soziale Stellung des Einzelnen.
Auch „Tracht“ war immer den Gesetzmäßigkeiten der Mode unterworfen. Schnittformen und Dekorationen greifen erst adlige, dann bürgerliche Vorbilder auf. Mit zeitlicher Verzögerung und meist getrennt durch eine oder zwei Generationen kamen städtische Strömungen auch auf dem Land an. Gerade in Mittelfranken, das mit Nürnberg als Zentrum seit dem Mittelalter über eine Metropole in Bezug auf Neuigkeiten, Handel und Austausch verfügt, beginnt dieser Wandel bereits früh. Dabei wurden ältere regionaltypische Elemente aber durchaus immer wieder beibehalten und in die neuen, modernen Kleidungsgewohnheiten integriert.
Während bis zum 18. Jahrhundert strenge Kleiderordnungen für die unterschiedlichen Gesellschaftsstände galten, diktierten im 19. Jahrhundert hauptsächlich Konfession und Geldbeutel, wer welche Kleidung tragen durfte. Und doch gibt es immer wieder Sondersituationen: Hochzeit, Trauer, Halbtrauer, Austrauer („Freud und Leid“) bestimmen ebenso wie weltliche Feste das äußere Erscheinungsbild. Aus diesen unterschiedlichen Anforderungen entstehen Kleidungswirklichkeiten, in denen zeitgenössische Mode eine Partnerschaft mit älteren, regionaltypischen Formen eingeht und so das Bild von „Tracht“ nachhaltig prägt.